Tag 2, Sonntag, 16-07-2017
Ich hätte jetzt gerne geschrieben, dass ich ausgeschlafen und von Vogelzwitschern wach geworden bin. Dem war aber nicht so. Was ist passiert? Schon im Vorfeld der Fahrt habe ich mich für eines der Doppelzimmer stark gemacht, damit nicht so viele Mitmenschen hören müssen wie ich schlafe und selbigen nicht finden. Knobi kennt mich, im Bus schlief ich oftmals laut vor mich hin. Er wird es ertragen. Zudem habe ich auch noch mehrere Päckchen Ohropax mitgenommen, des Friedens willen. Gehe also abends ins Bad, und wie ich aus dem Bad komme, schläft Knobi auch schon. Und ja, man kann es hören. Ich mich also hingelegt, versucht zu schlafen. Aber es war zum Verzweifeln. Und ich dachte schon, dass ich laut schlafe. Aber ich bin im Gegensatz dazu, leise wie ein Baby. So etwas konnte ich echt nicht ahnen.
07:°° Uhr klingelte dann zum Glück der Wecker, damit ich ins Bad konnte und kaum hatte ich die Tür zu, da hörte ich ihn schon wieder. Na dann. Dann raus und mit den Anderen getroffen. Einige waren schon recht fit. Die Anderen warteten schon auf den Kaffee. Man kennt es ja. Dann also frühstücken, so ab 8 Uhr, und den Tag ganz entspannt beginnen.
09:°° Uhr sind wir dann geschlossen zu einer Stadtführung aufgebrochen. Zuerst zur ehemaligen großen Synagoge von Oświęcim. Dort erfuhren wir von Andreas, unserem wissenschaftlichen Betreuer, dass Oświęcim zu beginn des Überfalls auf Polen, ca. 14.000 Einwohner hatte und gut über die Hälfte davon jüdischen Glaubens waren. Dass es heute keinen einzigen Einwohner jüdischen Glaubens gibt in Oświęcim, dies ist schon vielsagend. Weiter ging es zum Marktplatz, wo anhand von Bildern aufgezeigt wurde, wie die Nazis Oświęcim in eine deutsche Musterstadt mit Namen Auschwitz umbauen wollten.
Weiter ging es dann zum jüdischen Friedhof. Welcher von den Deutschen geschändet wurde, man baute einfach eine Straße hindurch und nutzte die Grabsteine als Straßenbelag. Heute sind die Grabsteine, welche noch erhalten sind, zwar wieder aufgestellt, aber eher symbolisch, da sich dort nur noch ganz wenige Gräber befinden.
Von dort aus ging es zum jüdischen Zentrum in Oświęcim. Dort gibt es heute eine Synagoge (ohne aktive Gemeinde), eine von vormals über 20 in Oświęcim. Ein Museum, und eben auch das Café Bergson im Kluger-Haus. Dort wurde uns der Aufbau einer Synagoge erklärt, siehe Grundriss bzw Bestandteile.
Einige tranken noch etwas Kaffee. Ich machte mich auf den Weg in die IJBS. Es war warm, es war sonnig. Und ich wollte etwas alleine sein. Bevor Fragen aufkommen, ich war immer mit LF 50+ und Hut unterwegs. Man lernt ja aus Fehlern (siehe nine days in LE). Dort erst mal etwas ausruhen und dann gab es auch schon unser Mittagessen. Etwas ruhen im Zimmer, an Schlaf war nicht zu denken (danke Knobi :-D).
Nach einer kurzen Ruhepause ging es zu Fuß zur Gedenkstätte KZ Auschwitz I Stammlager. Bei gefühlten 35°C und Sonne pur, war es schon ein wenig ermüdend. An der Gedenkstätte waren viele Gruppen, Busse über Busse. Sicher, es war Sonntag, aber auch an anderen Tagen wird dort sehr viel los sein. Mit unserem Guide, einer netten deutsch sprechenden Frau (Name habe ich leider vergessen), mussten wir erst die Sicherheitskontrolle passieren (Flughafen lässt grüßen) und holten uns dann unsere Kopfhörer ab. Das schöne daran ist, dass man immer per Funk mit dem Guide verbunden ist und sie in ihr kleines Mikro sprechen kann ohne rumzuschreien und doch jeder sie verstehen kann. Und dann ging es los.
Tatsächlich ging es durchs Tor, welches wohl jeder kennt: Arbeit macht frei. Ich glaube, ich brauche nicht wirklich viel über diesen Schriftzug, über das Konzentrationslager, die qualvolle Ausnutzung von Arbeitskraft, von Leben berichten. Und wer es noch nicht kapiert hat oder wahr haben will, was in diesem Lager passierte, dem ist dann auch nicht mehr zu helfen.
Während wir mit unserem Guide die ausführliche große Tour durch Lager hatten, sind oftmals Gruppen an uns vorbeigeschleust worden, da in der kürze der Zeit so viel wie möglich gesehen werden wollte. Ob diese 2 h Tour dann wirklich dem Ganzen gerecht wird, dies mag ich nicht entscheiden. Bei uns waren es knapp 4 h und man hatte immer noch das Gefühl, dass man nicht wirklich alles sah oder in Erfahrung bringen konnte.
Dazu später mehr. Wie gesagt, beklemmend und beschämt und mit so vielen Gedanken behaftet, ging es dann wieder in die IJBS.
Es gab ein leckeres Abendessen und im Anschluss trafen wir uns zu einem kleinen update in unserem Tagungsraum. Etwas Sprachtraining, dann die Aufarbeitung des Tages. Ein zwei Leute gingen wieder joggen, ein zwei zogen sich zurück um den Tag zu verarbeiten. Und ein paar saßen noch beisammen, tranken, rauchten, quatschten. Und irgendwann ging es auch ins Bett. Mit dem Resultat … siehe oben.
und hier die Bilder vom zweiten Tag
Herr Jens